Philipp Weidenfeller - Fachanwalt für Erbrecht

Erbrechtsreform 2010

Der Gesetzgeber hat zum 01.Januar 2010 das Erbrecht reformiert, nachdem er bereits ein Jahr zuvor das Erbschaftsteuerrecht neu gefasst hatte.

Diese Änderungen können für jeden interessant sein, der seinen Nachlass regeln möchte.

 

Das Pflichtteilsrecht

Das Pflichtteilsrecht beteiligt Abkömmlinge und Eltern sowie Ehegatten und Lebenspartner am Nachlass, wenn sie der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat. Dieses bleibt im Grundsatz unverändert.

 

Pflichtteilsentziehung

Hier sind die rechtlichen Möglichkeiten des Erblassers erweitert worden. 

Entfallen ist der Pflichtteilentziehungsgrund des „ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels“.

Der Pflichtteil darf nun nach neuem Recht entzogen werden, wenn der Pflichtteilsberechtigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt wurde, und es unzumutbar ist, dass der Verurteilte seinen Pflichtteil erhält.

Begeht ein Pflichtteilsberechtigter gegenüber dem Erblasser, seinen Kindern, Stief - oder Pflegekindern, oder gegen seinen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner, schwere Straftaten, kann ihm der Pflichtteil künftig ebenfalls entzogen werden.

 

Stundung des Pflichtteils

Die Fälle, in denen der Erbe die Stundung des Pflichtteils von dem Pflichtteilsberechtigten verlangen kann, sind erweitert worden.

Der Erbe einer Immobilie kann künftig die Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn ein Fall "unbilliger Härte“ vorliegt - also etwa dann, wenn er nur wegen des Pflichtteilsanspruches das von ihm bewohnte Haus verkaufen müsste.


Pflichtteilsminderung durch Schenkung

Ist der Pflichtteil durch Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod gemindert, so löst dieses einen Pflichtteilsergänzungsanspruch des Pflichtteilberechtigten aus. Der Pflichtteil wird dann so berechnet, als ob der Nachlass des Erblassers durch die Schenkungen nicht verringert worden wäre.

Neu ist, dass die Schenkungen nun umso weniger berücksichtigt werden, je länger sie her sind. Eine Schenkung, die im ersten Jahr vor dem Erbfall vorgenommen wird, wird noch voll bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches berücksichtigt. Wurde sie im zweiten Jahr davor vorgenommen, rechnet man sie mit 9/10, im dritten Jahr mit 8/10 an, und so weiter.

 

Anerkennung von Pflegeleistungen

Die rechtliche Stellung der Angehörigen, die den Erblasser vor seinem Tod gepflegt haben, wurde in bestimmten Fällen verbessert.

Wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat, oder in seinem Testament die Erben mit gleichen Erbteilen ausgestattet sind, werden erbrachte Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung berücksichtigt. In diesen seltenen Fällen ist es nun nicht mehr erforderlich, dass der Pflegende aufgrund der Pflege auf eigenes Einkommen verzichtet hat. Leider hat der Gesetzgeber keine festen Sätze geschaffen, nach denen die Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung berücksichtigt werden. Über die Höhe der Begünstigung herrscht damit weiterhin Unklarheit.

Will der Erblasser seinen pflegenden Angehörigen wirklich im Verhältnis zu anderen Erben begünstigen, dann sollte er dieses in einem Testament ausdrücklich anordnen.

 

Fazit

Die Erbrechtsreform führt in einigen Einzelfällen zu Verbesserungen. Um einen großen gesetzgeberischen Wurf handelt es sich dabei nicht. Insbesondere die Änderung zur Berücksichtigung von Pflegeleistungen ist enttäuschend.